Hiller, Paul
[ohne Titel]
in: Neue Zeitschrift für Musik, Bd. 98, Jg. 69, Heft 4, Mittwoch, 22. Januar 1902, Rubrik »Correspondenzen«, S. 56

relevant für die veröffentlichten Bände: III/3 Aus Italien

[…]

Im sechsten Gürzenich-Concert spielte Eugen d’Albert, über den ich unseren Lesern nichts neues mehr zu sagen habe, sein eigenes, schön empfundenes, aber zu künstlich ausgearbeitetes und im Klavierpart kaum dankbar zu nennendes Edur-Concert (Nr. 2), dann Schubert’s Wanderer-Phantasie in der Orchestrierung von Liszt. Während der Chor nur in Brahms’ »Nänie« für Chor und Orchester beschäftigt war, die er correkt und tonlich schön, aber keineswegs imponirend oder gar weihevoll sang, hatte das Orchester unter des städtischen Capellmeisters Dr. F. Wüllner’s Leitung, nachdem es zuvor die Ouverture von Berlioz zu »König Lear« und das Wagner’sche »Siegfried-Idyll« mit allem Aufgebot der erreichbaren Stimmung gespielt hatte, noch des Herrn Rich. Strauß’ symphonische Phantasie »Aus Italien« zu bewältigen. Die hier vor längeren Jahren schon aufgeführte Phantasie stammt, da sie mit der Art der neueren Orchester-»Offenbarungen« dieses Genies der Verirrungen glücklicher Weise nichts gemein hat, natürlich aus des Musikers junger, musikalisch-ehrlichen und die Schönheit wie ihre Rechte noch nicht verleugnenden Periode, und somit kann sie nicht nur wo sie erscheint Freunde finden, muß viel mehr als Wahrzeichen dessen, was Strauß gewesen und wohl heute sein könnte, doppelt lebhaftes Bedauern darüber wachrufen, daß der Strauß der letzteren Jahre die ihm verliehenen Gaben so prostituirt hat.

[…]

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/b44041 (Version 2021‑04‑12).

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