Es wird Niemand so kühn sein zu behaupten, daß bei fünf hintereinander zu besprechenden Pianisten-Concerten dem Leser der Himmel voller Geigen hinge. […] – Im fünften Philharmonischen Concert, am 23. Jan., hat sich eine orchestrale Novität »Aus Italien«, symphonische Fantasie in Gdur von Rich. Strauß, die Gunst des Publicums in reichem Maße erobert und dem selbstdirigirenden jungen Componisten lebhaften Beifall eingetragen. Das Werk besitzt einen wesentlichen Vorzug so manchem neuerlichen Erzeugniß gegenüber: es leidet nicht unter Erfindungsmangel, außerdem einen zweiten: es weiß den Hörer in Stimmung zu versetzen. Die einzelnen Sätze – Aus [sic] der Campagna, in Roms Ruinen, am Strande von Sorrent, neapolitanisches Volksleben – tragen ihren Namen nicht umsonst, man glaubt auch an das, was sie in ebenso charakteristischer wie prägnanter Weise schildern; [155] die formelle Arbeit verräth eine sehr gewandte Hand, nur im letzten Satz geht es etwas drunter und drüber und man vermag dem Componisten, der hier an dem Absonderlichen und gewaltsam Interessanten anfängt Geschmack zu finden, nicht überall zu folgen. Die großen Schwierigkeiten des geschickt, nur oft zu überladen instrumentirten Werkes wurde vom Orchester trefflich überwunden. Ausgezeichnet benahm es sich auch in dem Meistersinger-Vorspiel von Wagner und der großen Leonoren-Ouverture von Beethoven unter Bülow’s Führung; ersteres mußte wiederholt werden. Der Pianist Stavenhagen reüssirte namentlich mit zwei Liszt’schen Solostücken: dem Petrarca-Sonett und der zwölften Rhapsodie, die ihm technisch makellos gelang. Eine Tarantelle für Flöte und Clarinette mit Orchesterbegleitung von Saint-Saëns gab den Herren Andersen und Esberger Gelegenheit, sich als tüchtige Virtuosen zu bewähren. – […]
[unbekannt]
[ohne Titel]
in: Signale für die Musikalische Welt, Jg. 46, Heft 10, Januar 1888, Rubrik »Dur und Moll«, S. 154–155
relevant für die veröffentlichten Bände: III/3 Aus Italien
[154] Berliner Nachrichten.