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Hirschfeld, Robert
[ohne Titel]
in: Zeitschrift der Internationalen Musikgesellschaft, Jg. 1, Heft 8, 1900, Rubrik »Konzerte in Wien«, S. 226–234

relevant für die veröffentlichten Bände: III/3 Aus Italien

Das Wiener Musikleben ist auf enge Kreise beschränkt, die vornehm und zugleich konservativ in strenger Observanz seit mehr als fünfzig Jahren die alte Form der öffentlichen Musikübung bewahren. Wien besitzt nur wenige Konzertinstitute großer Art. Diese sind freilich von gutem Adel. Die ehrwürdige »Gesellschaft der Musikfreunde« veranstaltet alljährlich vier »Ordentliche« und zwei »außerordentliche« Choraufführungen im großen Musikvereinssaale, welcher das von Theophil Hansen im Stile des »Wiener Hellenismus« errichtete Prachtgebäude der Gesellschaft der Musikfreunde beherrscht. In demselben Saale werden jährlich acht »Philharmonische Konzerte« von den Mitgliedern des Hofopernorchesters gegeben. Damit sind die ständigen chorischen und symphonischen Produktionen in Wien erschöpft; denn die gleichfalls sehr ehrwürdige »Singakademie«, welche neben dem Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde sich früher an größere Chorwerke gewagt hatte, führt nur noch ein unstät flackerndes Scheindasein. Exklusiv und konservativ wie die bestehenden großen Konzertinstitute sind auch deren Programme – man ist zumeist beim Alten geblieben, man ist dem Neuen nur zögernd nachgegangen.

Die Reihe ihrer Abonnement-Konzerte – wie heute, vier im Jahr – hat die Gesellschaft der Musikfreunde am 3. Dezember 1815 eröffnet. Im Jahre 1811 war nach dem Plane Joh. Sonnleithner’s die »Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen« gegründet worden; sie schritt schon im folgenden Jahre zu einer Aufführung von Händel’s Timotheus. Diese war, wie C. F. Pohl, der einstige Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde, berichtet, die erste Musikproduktion in der schönen Halle der kaiserlichen Winterreitschule und zugleich das erste Musikfest solcher Art in Wien – zum Besten der durch den Krieg verarmten Bewohner des Marchfeldes und der Abgebrannten von Baden. Es war der eigentliche Wert dieses Musikfestes, daß es zu einer endlich geregelten und bleibenden Association der Wiener Musik-Dilettanten, zur Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde (1813) und durch diese im Jahre 1817 zur Errichtung eines Konservatoriums führte. Noch gab damals der Österreichische Adel in Kunstdingen den Ton an. Aristokraten standen an der Spitze der neuen Gesellschaft, welche mit Hilfe eines jedesmal zusammengewürfelten Chores jährlich vier Abonnement-Konzerte, dann die sogenannten »Concerts spirituels« – mit sehr gemischten Programmen – und weitere Musikfeste veranstalteten: Belsazar von Händel 1834, Die Schöpfung 1837, Die[227] Jahreszeiten 1838 und 1844, Paulus 1839 und 1846, Judas Maccabäus 1842, Christus am Ölberg 1845 und zuletzt Elias 1847. Erst im Jahre 1858 trat ein ständiger Chorverein, die Singakademie, welche jetzt für das Wiener Musikleben keine Bedeutung mehr hat, und bald darauf der Singverein ins Leben. Dieser wurde an die »Gesellschaft der Musikfreunde« angeschlossen und hat unter den Dirigenten Herbeck, Hellmesberger, Anton Rubinstein, Johannes Brahms (April 1872 bis April 1875) und – nach mancherlei Wechsel – schließlich Gericke und Hans Richter Weltruf erlangt. Die Direktion des Meisters Brahms brachte dem Vereine altklassische A-cappella-Musik zu und breitete vor den Wienern den Reichtum Bach’scher Kantaten aus. Hans Richter aber bewirkte die letzte große Erhebung des Vereins. Die Missa solemnis, welcher er in der Saison 1883/84 eine glänzende Aufführung bereitete, war vordem zehn volle Jahre in Wien nicht gehört worden! Im folgenden Jahre erreichten die Gesellschaftskonzerte ihren Höhepunkt mit der für Wien ersten vollständigen Aufführung der Bachschen H moll-Messe. Hans Richter hat gleich Johannes Brahms unvergängliche Verdienste durch begeisternde Bach-Aufführungen erworben. Johann Sebastian Bach ist der Prüfstein nicht allein für das Können, sondern vornehmlich auch für die Gesinnung eines Dirigenten. Seitdem Hans Richter, beständig nach England gravitierend, den Taktstock der Gesellschaftskonzerte niedergelegt hat, wurden diese dem Bach’schen Geiste entfremdet. Gericke kam nervös aus Amerika heim und besaß nicht mehr die Kraft, die Gesellschaftskonzerte auf ihrer Höhe zu halten. Vollends glitten sie nieder, als unbegreiflicher Weise Richard v. Perger, ein mittelmäßiger Dirigent, der noch mit den einfachsten Choreinsätzen zu kämpfen hat und allen Geist aus den Werken treibt, zum Leiter der Gesellschaftskonzerte ausersehen wurde. Bezeichnend für diese Führung des vornehmsten, ja einzigen Wiener Chorinstituts großen Stils ist die Bach-Angst, welche sich der Leitung bemächtigt hat. Richard v. Perger ist ein Wiener und wird von der Wiener »Gesellschaft« gehalten und gehoben. Eine Zeit lang dirigierte er die Choraufführungen in Rotterdam. Nachdem man ihn von dort nach Wien berufen hatte, tischte er in den Gesellschaftskonzerten zunächst die Dinge auf, die er in – Rotterdam eingeübt hatte, so daß der Vortragsplan nunmehr nach dem Unvermögen Perger’s sich richten mußte. Für die Klassiker fehlt ihm die Kraft, für die altklassische A-cappella-Musik Sinn und Verständnis. So zersplittern sich die sechs Gesellschaftskonzerte, in denen allein das Heil der klassischen Chormusik ruhen soll, seit einigen Jahren in kraftlose Äußerungen der Ungeschicklichkeit und kleinbürgerlichen Kunstauffassung.

Die erste Hälfte der Saison – bis 1. Januar 1900 – welche in diesem[228] Berichte betrachtet werden soll, enthielt drei Gesellschaftskonzerte. Das Programm des ersten war ein sehr gemischtes; es feierte mit dem Divertimento Kampf der menschlichen Leidenschaften das Andenken Dittersdorf’s, brachte daneben ein Chorlied Grädener’s, die Schumann’sche Ballade vom Gänsebuben und den 42. Psalm Mendelssohn’s. In dem weichen, weiblichen Vortrag des Beethoven’schen Gdur-Konzerts durch Fräulein Kleeberg lag der Erfolg des Konzertes. Der Singverein wagte sich in diesem Programme nur schüchtern vor. Das zweite Konzert feierte das Andenken von Johann Strauß durch Aufführung des Deutschen Requiems von Brahms. Das erhabene Werk und der populäre Name des »Walzerkönigs« übten in der ihnen aufgezwungenen Vereinigung nicht die gewünschte »Anziehung«. Der Saal blieb leer, weil das große Publikum bei dem Namen Strauß an Anderes als das düstere Brahms’sche Requiem denken will, die ernsteren Kunstfreunde aber Scheu zeigten vor einer lahmen, geistlosen Aufführung des gewaltigen Werkes, wie sie Herr v. Perger gleich nach dem Tode des Meisters als sehr unwürdige Gedächtnisfeier verschuldet hat… In einem dritten Konzerte wurde ein den Wienern neuer Tonsetzer mit einem nicht eben neuen Werke ins Treffen geführt. Peter Benoit’s Lucifer ist in Deutschland wiederholt gehört worden, angeblich mit Erfolg. Das Oratorium hat in Wien nur mäßiges Interesse erregt. Der Komponist, 1834 in Flandern geboren, ist aus dem Brüsseler Konservatorium hervorgegangen, wurde 1856 Theater-Kapellmeister in Brüssel, reiste dann durch Deutschland im glücklichen Besitze eines Rom-Preises und wendete sich später nach Paris, wo er an den Bouffes Parisiennes Kapellmeister wurde. Im Jahre 1867 übertrug man ihm die Leitung des Konservatoriums in Antwerpen. Als Schriftsteller, der mit Begeisterung für eine nationale vlämische Schule wirkt, und als Komponist von Kirchenwerken, Oratorien und Opern hat Benoit in seinem Vaterlande und darüber hinaus Ruhm erworben. Sein Lucifer setzt den Kampf des guten und bösen Prinzips in Töne um. Das gute Prinzip der Polyphonie waltet zu wenig in den Chorsätzen; im Orchester viel äußerlicher Prunk, in den Solo-Gesängen wechselt allzu leichte, an die Opéra comique gemahnende Melodik mit ernsten Wendungen. Romantische Klänge, Anklänge moderner Elemente, Erhabenes, Triviales enthält das Oratorium des musikalischen Eklektikers in peinlichen Mischungen. Immerhin war man erfreut, von Benoit in Wien mehr als den Namen klingen zu hören.

Zum Grundstamm der großen Wiener Konzerte gehören noch die Philharmonischen, gleichfalls eine alte bis heute fast unverändert das Wiener Musikleben beherrschende Institution. Otto Nicolai, seit 1841 Kapellmeister am Kärntnerthor-Theater in Wien, der Kritiker Dr. Becher und Dr. Schmidt, der Redakteur der »Wiener Allgemeinen Musikzeitung«,[229] faßten im Jahre 1842 den Plan zur Abhaltung einer »philharmonischen Akademie«. Das Konzert, welches mit Beethoven’s siebenter Symphonie begann und mit Beethoven’s C dur-Ouverture Op. 124 schloß, wurde von dem Orchesterpersonale des k. k. Hofoperntheaters am 28. März 1842 Mittags halb 1 Uhr im großen Redoutensaale gegeben. Das war der Beginn der »Philharmonischen Konzerte« in Wien, die seitdem wohl an Zahl gewachsen sind, jedoch im Zuschnitt der Programme, ja sogar in der Fixierung der Mittagsstunde als das vornehmste Wiener Konzertunternehmen treu den ursprünglichen Plan und die alte Tradition bewahren. Seine vortrefflichen, durch Weichheit und Poesie des Tones ausgezeichneten Bläser holt sich das Philharmonische Orchester aus Böhmen und vornehmlich aus Deutschland, wo ja seit den Zeiten der Stadtpfeifer die Bläserkunst hoch im Werte steht. Die Streicher sind aber Blüte der Wiener Geigenschule, haben unvergleichliche Zartheit, Tonglanz und jene Leichtigkeit und Freiheit des Linienschwungs, welche nicht zum geringsten von der im Wiener Boden wurzelnden Volksmusik, von den edleren Tanzrhythmen, die sich doch auch in die Werke unserer Klassiker hineingeschlungen haben, beeinflußt ist. Diesen volkstümlich sinnlichen Elementen dankt das Wiener Orchester gleich den Wiener Tonsetzern den Reiz, die Anmut, die milde Kraft. Neben unserem meisterlichen Konzertmeister Rosé, welcher den Typus der Wiener Schule verkörpert, wirkt seit kurzer Zeit auch Konzertmeister Prill, ein trefflicher Schüler Joachim’s, sowohl im Orchester wie als Lehrer am Konservatorium. Für den künftigen Nachwuchs, der den philharmonischen Streicherchor beständig aus dem Wiener Konservatorium ergänzt, wird diese Einpflanzung der Schule Joachim’s und ihre Mischung mit der Wiener Tradition von Bedeutung sein. Diese Tradition ist eine ganz persönliche, da seit der Gründung der philharmonischen Konzerte immer ein Hellmesberger, erst Georg, dann Josef und nach ihm mit dem Heißler-Schüler Rosé der Sohn Josefs, der »Pepi«, die Geigen führte. Als Dirigenten erschienen Nicolai, der Gründer, und nach ihm Georg Hellmesberger, die Hofopernkapellmeister Reuling, Proch, der tüchtige Eckert, der in den Jahren 1855 bis 1857 die Meister Schubert, Schumann, Berlioz zum ersten Male den Programmen zuführte; dann Dessoff, der den Konzerten die Namen Wagner (Faust-Ouverture 1861), Brahms (2. Serenade, A dur, 8. März 1863), Lachner, Rubinstein, Raff, Goldmark, Volkmann u. A. einfügte. Die Zahl der Philharmoniker war indessen auf 107 gestiegen. Hans Richter, der die Gesellschaftskonzerte zur Blüte gebracht hatte, bewirkte, als er in der Saison 1875/76 die Leitung der philharmonischen Konzerte übernahm, auch die Erhebung dieses Instituts. Mit Ausnahme der ersten Symphonie von Brahms, welche unter Brahms’ persönlicher Leitung in einem Gesellschaftskonzerte[230] des Jahres 1876 zum ersten Male dargebracht worden war, gingen alle symphonischen Werke des Meisters von den philharmonischen Konzerten in die Welt. Dvořak’s Weltruhm wurde in diesen Konzerten begründet. Zögernd, zunächst mit der Vorführung der »Romantischen Symphonie Nr. 4« in einem Konzerte des Deutschen Schulvereins, nahmen die Philharmoniker Anton Bruckner auf, der mit seiner D moll-Symphonie in der Saison 1877/78 von der Gesellschaft der Musikfreunde in das eigentliche Konzertleben eingeführt worden war. Der bereits betonte exklusive Charakter der philharmonischen Konzerte, welche nur der »besten« Gesellschaft – für die Kunst nicht immer eine gute – zugänglich sind, erheischte Zurückhaltung; es wurden auch die ganz Neuen, wie Richard Strauß, dem philharmonischen Modepublikum nur mit Vorsicht eingegeben. Hans Richter selbst ist im Grunde eine konservative Natur: den ersten beiden der drei großen B – Bach, Beethoven, Brahms – stand er im Konzertsaal immer näher als dem dritten, dem er niemals einen gleichen Erfolg in Wien bereitet hatte wie die Meininger oder die Berliner Philharmoniker. Richter’s großzügiges Wesen, das immer aufs Ganze, Große geht und die Einzelheiten verschmäht, steht heute den Schwärmen moderner Dirigenten entgegen, von denen jeder seine eigene »Auffassung«, seine eigenen Tempi, sein eigenes Rubato zur Geltung bringt. Nie hat sich Subjektives, Individuelles in eine Richter’sche Klassikeraufführung eingeschlichen. Wenn er seinen Bach, seinen Beethoven groß, mächtig hinstellte, glaubte man, daß dieses auch der Bach der Welt, der Beethoven der Welt sein müßte. So lebte Wien mit Hans Richter in den philharmonischen Konzerten die symphonischen Klassiker durch. Das moderne Dirigentenproblem, welches in Neu-Deutschland bereits die Köpfe der Musiker und Musikfreunde beschäftigte, kam in Wien noch nicht zur Diskussion. Nur zeitweise wurde die durch Hans Richter’s Natur den Wienern fixierte Idealvorstellung der Meisterwerke von den Gastdirigenten Hans v. Bülow, Richard Strauß, Weingartner, Nikisch durchbrochen. Erst als Gustav Mahler 1897 zum Kapellmeister und bald darauf, wie noch in diesem Berichte ausgeführt werden soll, zum Direktor der Hofoper ernannt wurde, fand die modernste Richtung in Wien für die Dauer einen hervorragenden, selbst über den einstigen Fortschrittsmann Hans Richter kühn hinausschreitenden Vertreter.

Dieser vollendete Einbruch des modernen Dirigentenprinzips datiert vom 11. Mai 1897, da Gustav Mahler in Wien zum ersten Male den Lohengrin dirigierte. Die Wiener sahen sich aus den Banden festgewordener Traditionen befreit, sie gewahrten Neues, das ihnen lange vorenthalten worden war und gingen mit Lebhaftigkeit auf Mahler’s künstlerische Absichten ein, deren Ziel eine freie poetisierende Auslegung ist. Da regten sich in Hans Richter die Empfindungen des Ibsen’schen Baumeisters[231] Solneß, – er machte dem jüngeren Künstler, der nun Richter’s Vorgesetzter geworden war, formelle Schwierigkeiten aller Art und legte – was er, von Amerika und England angelockt, bereits zweimal nach einer glanzvollen Aufführung der »Neunten« ausgeführt hatte – zum dritten Male, jetzt aber endgiltig kurz vor Beginn der neuen Saison 1898/99 den Dirigentenstab der philharmonischen Konzerte zurück. Gustav Mahler, rasch entschlossen, nahm sich der verwaisten Philharmoniker an. Wir verdanken ihm wahrhaft poetische, bis ins kleinste liebreich ausgestaltete Aufführungen. Wurde bei Beethoven-Werken der grandiose, plastisch hervortretende Linienzug oft zu Gunsten »interessanter« Details durchbrochen, so war man doch von der Aufführung Mozart’scher, Haydn’scher Symphonien, romantischer und moderner Tondichtungen entzückt; man bewunderte das fein differenzierende Stilgefühl Mahler’s und seine Kunst, mit dem Vortrage selbst einer kleinen, unscheinbaren Tonfigur ein ganzes Zeitalter zu charakterisieren. So schien das Alte, das Mahler brachte, zumeist in neuem Lichte, eine früher nie beobachtete Bewegung ging bei jeder Aufführung durchs Publikum; vieles wurde angefochten, vieles lebhaft verteidigt. Wirklich Neues erschien in der ersten Hälfte der Saison nur spärlich: Richard Strauß’ Opus 16, die symphonische Phantasie Aus Italien, und Anton Dvořak’s neueste symphonische Dichtung Die Waldtaube. Richard Strauß im Beginn seiner Laufbahn, Anton Dvořak auf der Höhe seiner Bahn – beide bereit, sich der Programm-Musik zu ergeben.

»In der italienischen Phantasie des jungen Strauss«, so sagte ich an anderer Stelle »lösen sich die symphonischen Formen, und auf der Campagna, in Roms Ruinen, am Strande von Sorrent, in Neapel schaut er dichterische Bilder, die er farbenprächtig in Töne umwertet. Dvořak aber, bis vor kurzem der brave Zögling konservativer Musen, in bewegter Zeit das Musterbild eines ›absoluten‹ Musikers, hat sich nun die allernaivste Erledigung programmatischer Aufgaben zur Pflicht gemacht. Seit seinem ›Wassermann‹ erzählt er czechische Haussagen Wort für Wort in Tönen nach; wir hören oder sehen vielmehr in seinem letzten symphonischen Werke ein verbrecherisches Weib bei dem Leichenbegängnis des von ihr vergifteten Gatten; ihre heuchlerische Klage wird von dem lustigen Trompetenmotiv eines jungen Burschen unterbrochen, der sich ihr nähert. Bald machen die Beiden Hochzeit. Die Frau besucht das Grab des von ihr vergifteten Gatten, – da ertönt das Gurren der Waldtaube aus den Zweigen eines Baumes, klagend, warnend, vorwurfsvoll. Die Frau wird wahnsinnig und sucht den Tod in den Wellen… Die Musik bietet ihr ganzes Erzählertalent auf, um diese realen Vorginge dem Hörer zu versinnlichen. Wohl scheitert Dvořak’s malerische Kraft am Unmöglichen, und als wirklicher Gewinn bleiben uns nur ein paar prächtige slavische Volksmelodien und wundersame Klangeffekte der meisterhaft disponierten Partitur im Ohr…«.

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verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/b44069 (Version 2021‑04‑12).

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