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Brief
Richard Strauss an Franz Strauß
Mittwoch, 2. Oktober 1889, Weimar

relevant für die veröffentlichten Bände: III/5 Don Juan
[1r]

Mein lieber, gütiger Papa!

Zu Deinem Namenstage möchte ich Dir heute die allerbesten, herzlichsten Glückwünsche senden; daß Du recht lange in allerschönster Gesundheit u. voller Freude uns als lieber, guter, treuer Vater erhalten bleibest u. vor allem Dich im̅er so wohl u. frisch fühlen mögest, daß Du mich hier recht bald u. recht oft besuchen kommst. Ich fühle mich hier ganz ausgezeichnet, Bronsart u. Lassen erweisen mir das allerbeste Wohlwollen u. alle Mitglieder bringen mir so viel guten Willen entgegen, daß mir meine neue Stellung viel Freude bereitet. An den Lohengrinclavierproben, wo ich den Sängern so ziemlich alles umgekrem[1v]pelt habe, was sich bis jetzt als Tradition, d. h. als schlechte Gewohnheiten u. Incorrectheiten eingeschlichen hatte, habe ich so viel Entgegenkom̅en gefunden, alle gaben sich die größte Mühe, meinen Intentionen zu folgen, daß ich sehr vergnügt bin. Orchester ist sehr entzückt von mir etc. etc. –

Schade, daß Hanna schon fort ist, sie war so lieb u. gut u. haben wir viele glückliche Stunden zusam̅en verlebt. Über alles vergangene wird sie Dir berichten, nach der Lohengrinaufführung werde ich Dir wieder schreiben. Bronsart überreichte mir gestern mein Repertoire:

ZauberflöteFreischützThannhäuserZar u. Zim̅erman
Don JuanEuryantheLohengrinWaffenschmied
FigaroOberonIphigenie in Aulisbeiden Schützen

Egmont, Sommernachtstraum, [2r] Lustige Weiber, Hans Heiling, Stumme und (bäh!) Prophet, Afrikanerin, Norma, Stradella, Glöckchen des Eremiten, Meisterdieb (von Lindner) u. die 4 ersten Abonnementsconcerte; damit kann man doch zufrieden sein!

Da Rösch u. Frl. Schehafzoff noch hier sind, habe ich wenig freie Zeit, zudem morgen u. Freitag zwei beinahe ungestrichene Lohengrinorchesterproben, nach dem Lohengrin hoffe ich aber tüchtig zu arbeiten. Bülow spielt am 10.ten meinen Don Juan in einer Berliner Orchesterprobe. Außerdem hat vor 8 Tagen Schuch in Dresden sich die Partitur des Don Juan erbeten, doch habe ich noch keine Nachricht, ob er ihn aufführt.

[2v] Hoffentlich seid ihr alle wohl u. munter, verbringe, lieber Papa, Deinen Namenstag recht schön u. nim̅ nochmals die herzlichsten Wünsche u. Grüße

Deines

getreuen Sohnes

Richard.

Tausend Grüße an Mama, Hanna, Ritter’s, Thuille etc.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330. I. Strauss, Nr. 157 (Autograph)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [RICHARD STRAUSS | AN | ELTERN u. | SCHWESTER | 1886–1893, Nr. 199] (Transkriptionsgrundlage)

        • Autopsie: 2017-07-25

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Richard Strauss / Willi Schuh (Hrsg.): Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich, Freiburg (Breisgau), 1954, S. 114–115.
  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 157.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d01941 (Version 2018‑01‑26).