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Brief
Richard Strauss an Felix Mottl
Mittwoch, 23. September 1908, Garmisch-Partenkirchen

relevant für die veröffentlichten Bände: I/4 Elektra
[1r]

Landhaus Richard Strauss

Lieber Mottl!

Die Fragen[,] die Du mir heute stellst, habe ich vor 3 Wochen Herrn Indendanzrat Zollner bereits mündlich u. später noch ausdrücklich schriftlich beantwortet, mit der speziellen Bitte, Dich darüber zu informiren. Da dies anscheinend nun doch nicht geschehen ist, wiederhole ich Dir:
⅔ des Klavierauszuges sind fertig u. bereits (z. B. nach Dresden, Wien, Frankfurt) verschickt, zum Beginn des Studiums der 3 Hauptpartien.
Der Rest des Klavierauszuges (der in 14 Tagen leicht studirt werden kann) folgt circa Mitte November.
Partitur u. Orchesterstim̅en sind bestim̅t im Dezember fertig. Die Dresdner Aufführung dürfte am [1v] 24. Januar spätestens möglich sein.

Was die Besetzung betrifft, so habe ich gleichfalls Herrn Intendanzrat Zollner gebeten, Dir meine dringende Bitte zu übermitteln, die Rolle der Elektra, die eine Tragödin ersten Ranges erfordert, wenn nur irgend möglich, in erster Besetzung Frl. Fassbender zu übertragen. Nach Allem, was ich über ihre Isolde u. Brünhilde [sic] höre, scheint sie die geeignetste Vertreterin.

Ich gebe Dir jede Vollmacht, Frl. Fassbender an der Rolle zu punktiren, was Dir nötig erscheint[,] u. genehmige sogar ab u. zu einen kleinen Strich, falls einige gar zu langatmige u. mit Autogeschwindigkeit den Berg hinaufrasend[e] Steigerungen ihr unerschwinglich erscheinen sollten. Im̅erhin meine ich, mit einigen Punktirungen [2r] allzu steiler Stellen müßte die Rolle (1 Akt = 1½ Stunden) von einer Künstlerin, die ungestrichen die Isolde u. Götterdäm̅erungsbrünhilde singt, leicht bewältigt werden.

Ich schlage also vor: Elektra: Fassbender (Burg [sic]-Berger)
Klÿtämnestra: Preuse (II. ?)
Chrÿsothemis: Fay (Burg-Zim̅ermann – oder wen Iihr sonst an jugendlicher Sängerin mit schöner Höhe, starker Stim̅e u. guter Erscheinung zu versenden [sic] habt)
Orest: Baßbariton (Feinhals – Brodersen, eventuell sogar Bender)
Ägisth: Walter


Ich reise nächsten Montag Abend 10 Uhr nach Berlin u. könnte von 4 Uhr ab in München sein: solltest Du Lust haben, Dir von mir Elektra vorspielen zu lassen u. alle Details mündlich zu besprechen, stehe ich zur Verfügung. Solltest Du jedoch vorziehen, in einem [2v] Ausflug nach Garmisch Dir mein neues Haus zu besehen, so bist Du natürlich meiner Frau u. mir hier besonders willkom̅en.

Mit besten Grüßen
Dein ergebener
DRichardStrauss.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Adrian Kech, Sebastian Bolz

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 452.B. Strauss, Richard (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • unbekannt (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

Bibliographie (Auswahl)

  • Auszug in Bryan Gilliam, Richard Strauss’s »Elektra« (= Studies in Musical Genesis and Structure), Oxford, 1991, S. 64–65.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d20118 (Version 2021‑09‑30).

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