Lieber Freund

Was denken Sie von mir, daß ich erst heute auf Ihren Brief antworte? Ich wollte selbst zu Ihnen kommen, wurde aber zweimal davon abgehalten. Was nun die Orchesterfantasie betrifft, so ist das eine schwere Sache für mich. Wie schon erwähnt, kostet die Herstellung von Part. Stim̅ und Kl Ausz. zwischen 24–2500 MK. Sie verlangen Honorar das kann ich Ihnen nun gar nicht verübeln, Sie aber können mir auch nicht böse sein, wenn ich einfach erkläre, daß es schon ein Opfer ist, welches ich bringe, wenn ich die Fantasie auf meine Kosten verlege (ohne Honorar)

[2v] [vertikal:] Sie werden selbst zugeben müssen, daß das Werk abgesehen von der größeren Schwierigkeit seiner Aufführung (im Vergl. z. Symphonie) auch viele Gegner finden wird, welche ihm feindlich gegenüber stehen und seiner Aufnahme in Conc. Repert. hindernd entgegen treten werden. Zur Deckung der Kosten sind gering gerechnet 40 Aufführungen nothwendig – das sagt Alles! Um Ihnen jedoch zu beweisen, daß ich treu zu Ihnen stehe, mache ich Ihnen folgenden Vorschlag. Ich drucke (heuer noch) Part & Stim̅., Kl. Ausz. Anfang nächsten Jahres u. zahle Ihreen die gehabten Kosten für Copiatur. Dagegen beanspruche ich, daß Sie mir ein kleineres Werk (vielleicht Violin-Sonate?) oder nur keine Lieder, gratis dazu geben, um wenigstens Etwas zu haben, [1v-2r] [gerade:] was mir für künftig die Kosten decken zu helfen in Aussicht stellt.

Vergessen Sie nicht, wie trüb die Zeit ist, in der wir leben und daß ein Krieg, für heute oder morgen möglich, ein derartiges Unternehmen absolut lahm legen würde.

Soll ich an die betr. Kapellmeister, die Sie mir genannt, Partituren zur Ansicht senden?

Mit dem Wunsche für recht gutes Ferienwetter grüßt Sie

Ihr ergebener Freund

Eugen Spitzweg

Bitte, mich den Ihrigen bestens zu empfehlen.