Brief
Adolph Fürstner / Clara Fürstner / Adolph Fürstner [Musikverlag] an Richard Strauss
Montag, 30. Juli 1906, Den Haag

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome, I/3b Salome (Weitere Fassungen)
[1r]

ADOLPH FÜRSTNER
C. F. MESER
KÖNIGL. SÄCHSISCHE HOFMUSIKHANDLUNG
BERLIN

REICHSBANK GIRO-KONTO

Hochgeehrter Meister!

Auf Ihre mir vorliegenden freundlichen Zeilen vom 25ten d. M. [dieses Monats] benachrichtige ich Sie, daß ich d’Ormeville den, in denselben enthaltenen Vorschlag wegen der Turiner Aufführung telegrafisch mitgetheilt habe.1 Er schrieb mir letzthin, daß weder die Skcala, noch die übrigen Theater in Italien eine Tantième, sondern nur eine einmalige Summe (wie Turin 1500 Lire pro Saison) ohne Beschränkung der Anzahl der Aufführungen bewilligen. Ferner sei zu berücksichtigen, daß Salome nicht als abendfüllendes Werk, sondern [nur] mit einem andern Werk, (Oper oder Ballet) zusammen aufgeführt werden könne.

Sobald mir eine direkte Anfrage der Scala vorliegt, werde ich versuchen, in wie weit Ihre mir angegebene Forderung von 6 % Tantième (?) für das Aufführungsrecht geltend gemacht werden kann.

Die Ihnen von Herrn Oertel zugegangenen Nachrichten wegen des Klavier-Auszuges mit französisch-italienischem Text werden Sie überzeugt haben, daß mich kein Verschulden trifft, wenn derselbe noch nicht erschienen ist. Seine baldige Veröffentlichung liegt ja auch in meinem Interesse!

Die Ihnen für die Unterlegung des französischen Textes in diesem Klavierauszug zustehenden 1000 Mark lasse ich für Ihre Rechnung an die Disconto-Gesellschaft überweisen. Wenn ich bisher auf Astruc’s Briefe noch nicht eingegangen bin, so geschah es, weil seine finanzielle Lage nach den von mir eingezogenen Erkundigungen keine genügende Garantie bietet. Der Nachsatz in seinem Briefe giebt mir überdies zu Bedenken Veranlassung. Nach diesem wäre es durchaus nicht ausgeschlossen, daß Astruc plant, Salome in dem von ihm geschilderten neuen idealen Theater aufzuführen, und etwaige desfallsige Absichten der Großen Oper, resp. der komischen Oper vereiteln würde.

[1v] Ich will mich daher nicht meiner ganzen Rechte ihm gegenüber begeben, sondern beabsichtige nur ein solches Abkommen mit ihm zu treffen, daß ich keiner Bühne in Frankreich oder Belgien das Aufführungsrecht der Salome übertrage, ohne mich mit H. Astruc über die Bedingungen zu verständigen, resp. seinen Rath einzuholen. Erhält er direkte Anfragen, so hat er diese mir mit Angabe der desfallsigen Bedingungen zu übermitteln. Dieses Abkommen wäre [?] jedoch zunächst nur auf höchstens drei Jahre zu treffen. Für alle Abschlüsse in Frankreich resp. Belgien u. Monaco würde ich Astruc von meinen Erträgen für das Noten-Material mindestens 10 % gewähren.

Bei Abfassung Ihres letzten Briefes war Ihnen wohl der § te nicht gegenwärtig, d [?] nach dem ich bei Abschlüssen durch einen Agenten berechtigt bin, demselben von den Erträgen des Aufführungsrechtes für Ihre Rechnung 5 % zu bewilligen[.] Sonst hätten Sie mir wohl schwerlich zugemuthet, von den mir concedirten 15 %, 10 % an Astruc abzugeben, und zwar, um Astruc’s Unternehmungsgeist in Ihrem Interesse anzufeuern.

Auf diesen Vorschlag einzugehen, bedaure ich auf das Bestimmteste ablehnen zu müssen, umsomehr, als ich durch die bisher nicht ertheilte Erlaubniß des Mr. Methuen, das französische Textbuch zu veröffentlichen, bereits genügend geschädigt bin.

Diese Erlaubniß noch nachträglich zu erlangen, dürfte mir nicht geringe Opfer noch auferlegen, und dennoch verlangen Sie, daß ich mich mit 5 % abfinden lasse!

Dagegen habe ich wahrlich Ihre Interessen anders vertreten, siehe Conried und Löwe! –

Bei meiner Rückkehr Anfang September denke ich [an] die Verhandlungen mit Astruc anzuknüpfen, da mir dieses während meiner Sommerreise unmöglich ist. Ich bedarf dringend einiger Wochen völliger Ruhe und Erholung, um mich von den Anstrengungen und Aufregungen des letzten Winters zu erholen.

Nach dem Astruc’schen Fall wird es Sie auch interessiren, daß Ricordi mich brieflich ersucht hat, ihm den Bühnenvertrieb wie den meiner Ausgaben der Salome für Italien zu übertragen. Da bei den jedenfalls günstigen Verhältnissen dieser Firma, wie bei deren Weltruf dieses Anerbieten als ein sehr günstiges zu betrachten ist, (und da die Bühnenverhältnisse in Italien schwer zu kontrolliren und zu beurtheilen sind, so beabsichtige ich, bei meiner Rückkehr über diese Angelegenheit weiter zu verhandeln.

[2r] 2)Jedenfalls werden die Verträge erst [?] von mir abgeschlossen, nachdem die Bedingungen für jedes Theater vereinbart sind.

D’Ormeville wird meiner Meinung nach aber seine Commission für Mailand und Turin, deren Verhandlungen er angeknüpft hat, falls diese zum Abschluß gelangen, jedenfalls erhalten müssen.

Mader, dem ich Ihrer Weisung zufolge die Bedingungen wegen Salome für Budapest (Aufführungsrecht 6 % resp. 4 % Tantième, garantirt mit 3000 Kr.) mitgetheilt habe, schreibt mir am 20ten, daß er seine Agenten Franz Bárd und Brúder beauftragt habe, die Angelegenheit mit mir nach seinen Intentionen zu erledigen. Diese Agenten schreiben mir, daß die Direktion statutengemäß nicht berechtigt ist, Aufführungshonorare zu garantiren. Sie könnten auch nur ein Aufführungshonorar von 4 %, gleichviel ob Salome allein oder mit einem andern Werk aufgeführt würde, bewilligt erhalten. Sollte es mir nicht möglich sein, das Aufführungsrecht unter obiger Bedingung dem Ungarischen National-Theater zu überlassen, so will die Direction auf die Aufführung [l]ieber verzichten.

Da die dortige Aufführung vorläufig für den Erfolg der Salome ganz indifferent ist, so möchte ich vorschlagen, mich zu ermächtigen, daß ich Badrd antworte, Sie verzichten unter diesen Bedingungen auf die Aufführung in Budapest. Sie müßten sich dann mit den offerirten 4 % ohne Garantie begnügen wollen. Es ist mir sehr wohl bekannt, daß Budapest an Ricordi für Puccini u. A. 6 u[.] 8 % bewilligt hat, mir selbst für Manon 6 %!

Wegen der Commission mag sich Bard an Mader wenden, der ihn zu den Verhandlungen mit mir beauftragt hat, nachhdem die Direktion bereits mehrfach direkt bei mir angefragt hatte.

Unter Kreuzband sende [ich] Ihnen die d’Ormeville’sche Musikzeitung,2 die einen Artikel enthält über die Cölner Aufführung, der er mit dem Direktor der Scala beigewohnt hat. [2v] Der Börsencourier enthielt einen Auszug aus diesem Bericht.

Indem ich Sie im Besitz meines Beileidstelegramms anläßlich des Ablebens Ihres Herrn Schwiegervaters hoffe, bitte ich Sie, Ihre angenehmen weiteren Nachrichten nach Berlin zu adressiren, da die Dauer meines hiesigen Aufenthalts von meinem Befinden abhängig ist.

[Adolph Fürstner:] Mit besten Empfehlungen
Ihr stets ergebener
AdolphFürstner

[Clara Fürstner:] Viele schöne Grüße sendet
Ihnen und Frau Gemahlin
Ihre alte Verehrerin
Clara Fürstner.

[…]3

1Ganzer Satz: sic.
2Vermutlich eine Ausgabe der »Gazzetta dei teatri«, die unter der Leitung von Carlo D’Ormeville stand.
3Es folgen, vertikal und von unbestimmter Hand [Richard Strauss?] notiert, die Ergebnisse eines oder mehrerer Skatspiele.

Bemerkung

Bei vorliegendem Brief handelt es sich vmtl. um ein Diktat. Die Schrift stammt von Clara Fürstner, der Ehefrau von Adolph Fürstner.

Der Brief ist gelocht, dadurch fehlende einzelne Buchstaben wurden ergänzt.

Der gedruckte Briefkopf mit Datierungsvorlage wiederholt sich in der Transkriptionsvorlage auf Bl. 2r (dort Datierung leer gelassen). Dieser wurde hier der besseren Lesbarkeit halber stillschweigend nicht transkribiert.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [FÜRSTNER VERLAG AN R. STRAUSS, 1910–1912, o. Nr.] (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Clara Fürstner (handschriftlich)
      • Adolph Fürstner (handschriftlich)
    • Autopsie: 2016-05-25

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d30902 (Version 2021‑09‑29).

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