Brief
Eugen Spitzweg / Jos. Aibl [Musikverlag] an Richard Strauss
Sonntag, 6. März 1892, München

relevant für die veröffentlichten Bände: III/4 Macbeth

[1r] Eugen Spitzweg
kgl. bayer- Hof-Musikalienverleger
und
Handelsrichter.

Lieber Freund

Deinem Wunsche entsprechend erhältst Du heute per PEinz. MK 300.- abzurechnen von den zu N. J. [Neujahr] 93 fälligen MK 800.-

Du nennst Dich einen armen Teufel! Das wird bei Dir noch anders werden – bei mir nicht. Ich werde nie von meinen Renten leben können. Diese kurze Aufklärung nur, wenn Du Dich mit dem »armen Teufel« als Gegensatz zu mir hinstellen wolltest.

Schreibe mir doch, wie sich Bw [Bülow] Dir gegenüber über Macbeth ausgesprochen hat. Mir gegenüber hat er eigentlich mit seinen früheren An[…]sichten über Deine Werke gebrochen. Er schreibt mir u. A. »Das Werk klang aber auch überwältigend. Ueberraschung [2v] für uns Alle und Grund zu gegenseitiger Gratulation. Häng’ Dich, daß Du nicht dabei gewesen! Es möchte zum Optimisten werden Dein etc

Nun Etwas im Vertrauen! Lies*1 beiliegende Zeilen und schreib mir, ob Du willst.

Laß aber Nichts darüber je verlauten, daß ich die Sache so angegriffen habe. Ich meine nun so: Du machst ihm die Freude und eines Tages treten wir ohne vorherige Formalitäten mit dem Fait accompli der gestochenen Partitur an ihn heran – d. h. Du sollst Dich nicht erst bereit erklären. Willst Du das? Ich sende Dir vorläufig die Orig. Ausgabe zu 2 Händen. –

Dein Papa hat mir mitgetheilt, daß Du mit Deinem Textbuch fertig bist und es Ritter vorgelesen hast. Möchtest Du nicht auch mir – dem Freunde, nicht dem Verleger – es lesen lassen. [1v] Daß es in keines Anderen Hände kommt, deß brauche ich Dich wohl nicht zu versichern. Ich würde Dir die Gewährung meiner Bitte als einen Beweis Deiner Freundschaft wie Deines Vertrauens zu mir hoch anrechnen. Glaube mir auch, daß das Wort »Neugierde« mit meinem Wunsche Nichts gemein hat, so wenig wie das Wort »Geschäft«. Daß wir das mit Deiner Oper oder Deinem Musik‑Drama mi doch miteinander machen, halte ich eigentlich nach allen [Antecedenzien] für selbstverständlich. –

Die Kritik des B. B. C. [Berliner Börsen Couriers] über Macbeth habe ich heute gel. [gelegentlich] erster Aufführung von »Heilmar, der Narr«2 in den Theater-Anzeiger gebracht. Auch EFrancke habe ich veranlaßt, in den N. Nachr. [Münchner Neusten Nachrichten] Etwas darüber zu bringen. [2r] Und nun – bitte – schreibe mir recht bald und sei herzlich gegrüßt von Deinem

getreuen Freunde ESpitzweg

1Ein Dokument, auf das Spitzweg mit * verweist, ist nicht erhalten.
2Oper von Wilhelm Kienzl.
verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [E. SPITZWEG U. GEGENBRIEFE 1889–1918, Nr. 46] (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Eugen Spitzweg (handschriftlich)
    • Autopsie: 2017-01-03

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d30381 (Version 2017‑03‑31).

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