Brief
Richard Strauss an Ernst von Schuch
Montag, 11. Dezember 1905, Berlin

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome
[1r]

Liebster Schuch!

Ich überlege mir im̅er, wie ich Ihnen für letzten Sonnabend noch besonders danken soll. Da aber ein Briefbogen keine Orchesterpartiturseite, versagt meine Instrumentationskunst u. ich weiß mir nicht anders zu helfen, als einer solchen Vollendung gegenüber, wie sie Sonnabend von Ihrer Interpretationskunst geboten wurde in der Wiedergabe meiner Salome-Partitur einfach jedes Lob verstum̅en zu lassen u. einfach zu sagen: tausend, tausend Dank Ihnen u. Ihrer herrlichen Künstlerschaar [sic]. Was Sie Alle geleistet haben, wissen Sie selbst am besten, wie enthusiastisch es von allen Seiten anerkannt wird, sehen Sie u. daß es mir möglich war, vollständig kritiklos der Aufführung beizuwohnen u. nur bewun[1v]dernd zu genießen, – jeder produktive Künstler, der nicht in der Lage ist, selbst auch sein Werk ganz nach seinen eigenen […]Intentionen zu reproduziren, wird Ihnen sagen können, was das heißt. »Heut hast Du’s erlebt« konnte ich mit Wotan singen. Nur daß ich es nicht für möglich für [?] gehalten habe, daß bei der ersten Aufführung eines so eminent schwierigen Werkes eine solche Vollendung der Wiedergabe mit dem Stempel absoluter Mühelosigkeit zu erzielen sei, das müßen ich Ihnen noch sagenSie noch wissen!. Da Sie im̅er so liebenswürdig waren, auf das Einverständniß des Componisten das größte Gewicht zu legen, macht es Ihnen vielleicht Freude, wenn ich Ihnen sage, daß Sie meine höchsten Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern [2r] in ungeahnter Weise übertroffen haben. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, darum nochmals innigsten Dank!

Leider kann ich morgen u. Donnerstag dienstlich hier nicht abkom̅en, wäre Ihnen aber verbunden, wenn Sie mir über den Verlauf, Erfolg u. Besuch dieser beiden Vorstellungen eine kurze Nachricht geben würden.

Meine Frau grüßt mit mir aufs herzlichste; ich bin für ewige Zeiten
Ihr in dankbarer Bewunderung
treu ergebener
DrRichardStrauss.

Dr Schnitzler hat bereits mit Excellenz von Seebach conferirt: es ist aller Aussicht, daß ein Gesam̅tgastspiel mit ganzem Orchester nach Schluß der Saison in Cöln sich financiell reali[2v]siren läßt: einer der anwesenden Engländer will versuchen, ob sich im Anschluß an Cöln nicht [e]in 3 tägiges Gesam̅tgastspiel in London ermöglichen läßt. Wie denken Sie darüber, wenn durch Subscription die materielle Seite vollständig in Ordnung gebracht würde?

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek (Dresden), Signatur: Mscr.Dresd.Aut.1232 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • unbekannt (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

  • Original: [unbekannt] (Typoskript)

    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), ohne Signatur

        • Autopsie: 2016-11-15

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 83. Transkription vermutlich nach Typoskript.
  • Auszug in Ekaterina Smyka, »Neu entdeckte Briefe von Richard Strauss an Ernst von Schuch: Aus Dresdner Sammlungen«, in: Richard Strauss-Jahrbuch 2012: Aus Anlass des 100. Todestages von Gustav Mahler im Jahr 2011, Tutzing, 2012, S. 65–102, S. 96–97. Ergänzungen gegenüber dem gedruckten Briefwechsel von 1999.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03902 (Version 2019‑04‑12).

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