Brief
Ernst von Schuch an Richard Strauss
Montag, 11. März 1907, Dresden

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome
[1r]

Lieber, hochverehrter Freund!

Leider kann ich Ihren im letzten Brief geäusserten Wunsch betreffs Lobetanz Thuille nicht erfüllen. Excellenz Graf Seebach hat seinerzeit schon die Oper des letzten Aktes wegen abgelehnt und ist sehr gegen dieselbe eingenom̅en. Ich dachte schon einmal daran, den zweiten Akt allein zu machen?

Ausserdem sind wir durch Burrians 4 monatlichen Urlaub mit den bereits für diesen Winter an̅oncirten Novitäten sehr im Rückstande. [1v] Ich muss mindestens zwei neue Opern noch bis Juni bringen. Sind Ihnen Salome u. Moloch nicht als Festopern genehm? Ich bin ganz empört, dass in Wien Moloch gar nicht und Salome in der Volksoper gegeben wird. Hat denn Mahler gar kein Rückgrat mehr, dass er sich Ihnen beiden gegenüber, sowohl Strauss als Schillings, die so oft u. warm für ihn eingetreten sind; so undankbar benim̅t. Weiss er denn nicht, dass ein Orchester, [2r] […]welches Salome nicht gespielt hat, sich nicht auf der Höhe befindet? Wenn er es wirklich nicht im Stande war durchzusetzen, was mir märchenhaft klingt – so musste er abdanken. – Und diese Unzuverlässigkeit, »Moloch«, den er zuerst mit sogenanntem Feuereifer angenom̅en – jetzt ganz liegen zu lassen! Ich glaube, ein Componist passt doch nicht zu solch einer Stellung. – –

Der Ortsausschuss des Musikfestes drängt mich schon sehr, Programe [sic] und Material für americanische Zeitungen etc [2v] abzuliefern – Sitzungen des Musikausschusses anzusetzen u. dergleichen mehr – die Leute stellen sich das so vor wie eine Kochkunstausstellung, glaube ich. Vom 20[.] März bis Ende des Monats bin ich nicht in Dresden[;] muss eine seit 6 Wochen immer mehr anwachsende Erkältung im Süden zu heilen versuchen – wozu mir leider nur 8 Tage freistehen.

Ich hoffe bald von Ihnen zu hören, bitte mich der lieben Gattin verbindlichst zu empfelen [sic] und zeichne in anhänglichster Verehrung
und Treue
Ihr
ErnstSchuch

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: ohne Signatur (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Ernst von Schuch (handschriftlich)
    • Autopsie: 2016-11-15

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 104–105.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d04529 (Version 2019‑05‑27).

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