Brief
Clemens Krauss an Richard Strauss
Samstag, 18. Januar 1941, München (ws.)

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome
[1r]

Herrn
Dr.Richard Strauss.
Garmisch
Zöppritzstr.42

Lieber Herr Doktor !

Hier schicke ich Ihnen die Schluss-Szene unserer Oper. Endlich ! – Ich glaube, sie »sitzt«. Sie darf jetzt, wo Sie ein Orchester-Zwischenspiel haben wollen, nicht zu kurz sein. Ich habe daher nicht direkt mit dem Sonett geschlossen, sondern noch einen kleinen Spiegel-Monolog hinzugefügt, der die Szene graziös beschliessen kann.

Hoffentlich gefällt Ihnen die letzte Szene in dieser Form. Mit dem Sonett zu schliessen, wie wir ursprünglich beabsichtigten, halte ich nicht für gut und auch für wenig originell. Auch soll das Stück mit einer Frage enden – so bleibt alles in Schwebe, die Gräfin lässt ihre Gedanken erraten, ohne dass ihre Überellegungen plump ausgesprochen werden.

Ich freue mich sehr, dass Sie zur »Helena« kommen wollen. Frau Viorica ist augenblicklich in Milano und singt an der Scala die »Fiordiligi«. Ich arbeite hier am »Falstaff«, der am 2.Februar herauskommen soll. Nächste Woche fahre ichbwieder nach Wien zu einer Philharmonischen Akademie (Abend-Konzert). Dort Ssschaut’s gut aus !!

Oertel schreibt mir wegen der korrigierten Salome-Partitur. Er will nun die Drucklegung der [1v] [2r] 148.Januar 1941II.Studien-Partitur beginnen. Ich bin mit der Korrektur fertig, möchte Sie aber noch einmal fragen, ob Sie nicht noch eibnige dynamische Bezeichnungen der Partitur mitgeben wollen. Die stark instrumentierten Stellen könnten da und dort noch manches forte piano [sic] vertragen. Es wäre, glaube ich, gut, wenn Sie selbst diese[ ]kleinen Auflichtungen vornehmen würden. Ich würde dann in der Studien-Partitur diese neuen, von Ihnen hinzugefügten dynamischen Bezeichnungen in Klammer setzen lassen, damit das Bild der Original-Instrumentation erhalten bleibt. Ich möchte Ihnen gern eine unberührte grosse Partitur zusenden, bevor ich die Druckfehler-Korrekturen eintragen lasse. Darf ich das ?

Noch eine Frage: welche Streicher-Besetzung wünschen Sie für die Couperin-Suite ? Die alte Suite hat nur eine kleine. Ich denke, es wäre gut, für das Grosse Haus die einzelnen Stücke in verschiedener Besetzung spielen zu lassen. Wie im einzelnen, können wir dann immer noch bei den Proben bestimmen. Ich möchte wegen der Besetzung der Streicher-Stimmen nur wissen, welche grösste Besetzung Sie für die pompösen Stücke für […]richtig halten.

Herzliche Grüsse, auch an Ihre liebe Frau Gemahlin (ich bin neugierig, wie ihr die Schluss-Szene gefällt ?)[,] in grösster Verehrung
Ihr er [?]stets ergebener
[Clemens Krauss:] Clemens Krauss.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [Cl. KRAUSS U. GEGENBRIEFE, 1941–1949, Nr. 325] (Typoskript) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Clemens Krauss (maschinenschriftlich)
      • Clemens Krauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2017-07-25

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Günter Brosche (Hrsg.) / Clemens Krauss (Hrsg.) / Richard Strauss (Hrsg.), Richard Strauss - Clemens Krauss : Briefwechsel ; Gesamtausgabe (= Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation ; 20), Tutzing, 1997, S. 388–389.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d08637 (Version 2019‑05‑27).

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