Brief
Richard Strauss an Franz Strauß
Dienstag, 6. April 1886, Meiningen

relevant für die veröffentlichten Bände: III/3 Aus Italien

[1r]

Lieber Papa!

Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief, der mich sehr erfreute. Mir gings die letzten Tage sehr gut, der Orden freute mich riesig, das Verdienstkreuz ist der höchste hiesige Kunstorden u. haben ihn außer Rossi und der Malten nur noch 8 Menschen. Über den Aufenthalt Mamas u. Hannas hier u. über den Verlauf des Concerts wird Dir Hanna jedenfalls berichten. Sonntag ist Brahms abgereist, u. gestern verabschiedete ich mich von der Kapelle, Fleischhauer sprach auf mich u. wurde mir ein großer Tusch gebracht. Dann sprach ich noch auf Bülow, dem zu Ehren

[1v] wir noch die Nirwana spielten u. dann telegrafirten wir an ihn. Ritter hat einen Artikel geschrieben über den Abschied u. an Lessmann geschickt. Der Abschied war sehr feierlich u. erhebend. Abends verabschiedete ich mich vom Gesangsverein, heute Früh ist das Schauspiel nach Barmen abgereist u. so ist es jetzt auf einmal recht öde. Freitag habe ich noch den letzten Kammermusikabend: Cmollquartett von Beethoven, vielleicht Violinsonate (neu) von [Saint-Saëns], sonst das Bratschentrio von Mozart, ein Paar Klavierstücke von mir u. das Klavierquartett von Schumann. Ich reise wahrscheinlich Samstag hier ab u. nicht nach Berlin u. Leipzig, sondern auf einen [2r] Tag nach Staffelstein, dann nach München (Sonntag), wo ich ein Paar Tage bleiben möchte, um dann gleich nach Oberitalien weiterzufahren. Brahms hat mir sehr zugeredet, doch gleich nach Italien zu fahren u. nicht die Zeit in Berlin zu vertrödeln u. er hat recht. Ich komme also vorläufig schon Sonntag Abend zu Dir. – Daß mir von dem ohnehin nicht großen Gehalt in München die Paar hundert Mark abgestrichen werden, finde ich sehr schofel u.

habe mich darüber geärgert; 2000 M. ist doch keine Bezahlung für mich. Zu ändern ist’s ja nicht u. werde ich doch zusagen, ja doch dann persönlich mit Perfall conferiren.

[2v] Wie steht’s mit der Cholera in Italien, weißt Du niemand, [der] mit mir die Reise machte, vielleicht Aschenbrenner? [Ich] kann kein Wort italienisch u. wenig französisch.

Die herzlichsten Grüße an Levi, Thuille, Giehrl etc., Benno, Pschorrs, Moralts, Knözingers, Kapellmeister Meyer, wilde Gungl etc., besonders Dich, Hanna

Euer R.

[…]

1Grüße von Ritter, Leinhos, Mühlfeld etc.

1Am oberen Rand von Bl. 2v auf dem Kopf stehend ergänzt.
verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Unbekannt (Autograph)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • unbekannt (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I. Strauss, Familie, Nr. 82d (Transkriptionsgrundlage)

        • zusätzliche Hände auf Reproduktion:

          • unbekannt (handschriftlich)

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Richard Strauss / Willi Schuh (Hrsg.): Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich, Freiburg (Breisgau), 1954, S. 91–92.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d01730 (Version 2023‑06‑15).