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In den vor Weihnachten abgehaltenen drei Solisten-Symphonieconcerten (Serie B) des Hoftheaters traten folgende Künstler auf: Prof Rosé, der Petri des Wiener Hoforchesters, der bekannte ausgezeichnete, geschmackvoll elegante Violinist, der mit dem recht weichlichen, jedoch durch schöne Einzelnheiten fesselnden Violinconcert von Goldmark einen glänzenden Sieg errang; ferner Frederic Lamond, welcher jetzt zur allgemeinen Anerkennung gelangte, treffliche Künstler Tschaikowsky’s wuchtig pathetisches, kernhaftes Bmoll-Clavierconcert bewundernswerth musikalisch, voll zwingender Durchgeistigung, Temperament und treffsicherer Virtuosität, wenn auch mit recht hartem Anschlag vortrug; und endlich das vortreffliche Holländische Damenterzett, dessen vollendete Leistungen auch hier, wie überall, das Publicum lichterloh enthusiasmirten, dass Zugaben über Zugaben gespendet werden mussten. Im dritten Solisten-Symphonieconcert Ende December stand als Neuheit »Till Eulenspiegel’s lustige Streiche«, Richard Strauss’ geistvolle Orchesterhumoreske, im Mittelpuncte des Interesses. Kaum ein anderes früheres Werk von Strauss ist mit so ungetheilter allgemeiner Anerkennung auch in Dresden aufgenommen worden, wie ja überall, in vielen deutschen Kunststädten, wo man sich erfreulich beeilt hat, diese neueste symphonische Dichtung des hochbegabten jungen Münchener Meisters aufzuführen, der unleugbar damit einen starken Schuss in seiner Entwickelung, zumal seines individuellen Reifens, bekundet. Das ungemein fesselnde, phantasievolle Werk, ein wahrer Prüfstein für Orchestervirtuosität, wurde unter Schuch sehr schwungvoll, rhythmisch belebt und in feinster dynamischer Abtönung wiedergegeben. Es lehnt sich mit Anstrebung möglichster Geschlossenheit in der Form leicht und ungezwungen an die alte Rondoform an, sehr zum Vortheil allgemeineren, rein musikalischen Verständnisses. Man fühlt sich gleich in den freundlich-sinnigen ersten Takten einer Tonschöpfung von absolutem Musikwerthe gegenüber, Musik, die aus sich selber, kraft selbsteigener Mittel positiv Etwas sagt, dass man am Faden folgen und sich immerdar klar auskennen kann, ohne zugleich beim Hören krummgebeugt, mit tastendem Zeigefinger in einem unentbehrlichen Programm ängstlich nachforschen zu müssen. Diese erstaunliche, geniale Strauss’sche Instrumentation, die wirklich Alles in Schatten stellt, was man vorher an Klangcombinationen, zumal wagehalsig verzweigter Bläserpolyphonie, für möglich gehalten hat! So erstreckt sich, um noch dies zu bemerken, die Theilung der Streichinstrumente in dieser wunderbaren [240] Partitur sogar bis auf die Contrabässe hinunter, die verschiedene Male in mächtigen vierstimmigen Brummaccorden, wie ein Quartett brauner Bären, sich ergehen.
(Schluss folgt.)