Hochverehrter Herr Graf!
Ihrem Wunsche gemäß anbei die Schildbürger!
Daß ich auf die Schildbürger noch reflectire, ist selbstverständlich; ebenso selbstverständlich, daß Sie bald Definitives über Werden oder Nichtwerden des Werkes von mir hören wollen. Nun denn: bei meiner jetzigen Tätigkeit am Theater ist es ziemlich ausgeschlossen, daß ich mich in absehbarer Zeit an die Bewältigung eines so umfangreichen Werkes wie die Schildbürger machen kann. Daß ich die Schildbürger mache, ist felsensicher; wann aber, weiß ich nicht! Daß Sie aber nicht so lange warten wollen, bis ich Muße u. Stim̅ung dafür finde, begreife ich also nur zu gut. Nun habe ich eine [1v] Bitte: geben Sie mir eine Abschrift der Schildbürger u. das Recht, dann, wenn ich Zeit u. Kraft habe, – die Schildbürger zu componiren, resp. Ihren Stoff für mich zur Composition zu bearbeiten. Inzwischen mögen Sie Ihre Schildbürger Herrn d’Albert oder wem Sie wollen, zur Composition ruhig übergeben; wenn ich nur das Recht behalte, den Stoff, später einmal, auch, resp. noch einmal zu componiren.
Noch mal: ich verzichte unter keiner Bedingung auf den schönen, von Ihnen mir voriges Jahr freundlichst angebotenen Stoff; jedoch zu gut begreifend, daß Sie ein früheres in’s Lebentreten desselben wünschen, als ich, bei meiner beschränkten Muße, Ihnen versprechen kann, stelle ich Ihnen frei, die Composition desselben zu übertragen, wem Sie wünschen, [2r] wenn Sie mir eine Abschrift u. das Recht zusprechen, den Stoff für mich zu bearbeiten u. zu componiren, wann ich will u. kann.
Zudem wäre ich bereit, Ihnen den Stoff zu einem Preise von 500 Mark (:fünfhundert:) abzukaufen, denen ich, im Falle Sie mir den Stoff allein überlassen, weitere 500 Mark beifügen würde im Moment, wo meine Oper fertig u. im Druck erscheint.
Darf ich Sie bitten, mir baldigst mitzuteilen, wie Sie sich zu den von mir gebotenen Bedingungen stellen?
Frau, Schwiegereltern erwiedern [sic] Ihre u. der Frau Gräfin freundliche Empfehlungen bestens, ich verbleibe mit herzlichsten Grüßen
Ihr
verehrungsvollst ergebener
RichardStrauss.